Cannabis-Ärzte und –Apotheker widersprechen AMK (Deutsche Apotheker Zeitung)

ACM-Mitteilungen vom 25. Januar 2020

Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM), der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA) und das Selbsthilfenetzwerks Cannabis Medizin (SCM) haben am 21. Januar 2020 eine gemeinsame Pressmitteilung herausgegeben.

Beschämend: Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) diskreditiert sich selbst mit Stellungnahme zur medizinischen Verwendung von Cannabis

Am 14. Januar 2020 veröffentlichte das Online-Portal der Deutschen Apotheker Zeitung eine Stellungnahme der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) zur Abgabe Cannabis-basierter Medikamente. Unter dem Titel „Potentieller Missbrauch – AMK: Apotheken haben bei Cannabis eine besondere Verantwortung“ beschreibt die AMK Anhaltspunkte für einen möglichen Cannabismissbrauch von Patienten. Statt allerdings sachlich zum Thema zu informieren, diffamiert die AMK nicht nur Cannabis verschreibende Ärzt*innen, sondern auch Patient*innen, die mit Cannabis behandelt werden. Mehr noch: die AMK offenbart mit der Stellungnahme darüber hinaus ein eklatantes Wissensdefizit und schürt alte Vorbehalte gegenüber der noch jungen Therapieoption.

Zu den von der AMK gegebenen „Tipps“, wie eine „missbräuchliche Anwendung“ durch Apotheker erkannt werden könne, möchten wir wie folgt Stellung nehmen:

1. Unseres Wissens nach gibt es keine Erkenntnisse darüber, dass die „missbräuchliche Anwendung“ von Cannabis als Medizin überhaupt ein relevantes Problem darstellt – ganz im Gegensatz zu anderen Arzneimitteln wie Benzodiazepinen und Opioiden. Allein bei Benzodiazepinen gehen alle Schätzungen über eine Zahl von mehr als 1 Million Betroffene nur in Deutschland aus.

2. Die Behauptung, dass „Versuche von Patienten, die Rezepturzubereitung zu beeinflussen, zum Beispiel dass die Droge unverarbeitet abgegeben werden soll“ ein Hinweis auf eine „missbräuchliche Anwendung“ sei, ist in doppelter Hinsicht unzutreffend: erstens darf Cannabis nur dann überhaupt vom Apotheker „unverarbeitet“ abgegeben werden, wenn dies vom Arzt oder der Ärztin ausdrücklich auf dem Rezept vermerkt wurde und zweitens ist die „unverarbeitete“ Gabe empfehlenswert, um z. B. einer vorzeitigen Oxidation vorzubeugen. Auch in puncto Dosierungsgenauigkeit beraten Cannabis-versorgende Apotheken ihre Patienten sehr genau und leisten pharmazeutische Hilfestellung z.B. im Umgang mit Vaporisatoren u.ä.

3. Wieso bezeichnet die AMK die nach NRF zulässige Verordnung von unzerkleinerten Cannabisblüten als „zweifelhafte Gebrauchsanweisung“, die „nicht den pharmazeutischen Regeln“ entspreche, wenn von der Mehrzahl der Experten eine solche Verordnung nicht nur aus pharmakologischen (geringere Oxidation), sondern auch aus praktischen Gründen (Vermeiden der Inhalation von kleinsten Blütenpartikeln) empfohlen wird? Dieser Tipp ist auch deshalb von erheblicher Tragweite, da nach Zahlen der gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2019 die Anzahl der Verschreibungen unverarbeiteter Cannabisblüten die Anzahl von Verschreibungen verarbeiteter Cannabisblüten deutlich überstiegen hat.

4. Warum sieht die AMK einen Anhalt für eine „missbräuchliche Anwendung“, wenn Patient*innen sich über eine „Minderbefüllung oder Wirkungslosigkeit, inklusive mangelnder Qualität“ beklagen, obwohl solche Vorkommnisse durchaus bekannt geworden sind?

5. Schließlich behauptet die AMK, dass ein „striktes Beharren auf einer THC-reichen oder bestimmten Cannabis-„Sorte““ ebenfalls ein Hinweis auf eine „missbräuchliche Anwendung“ sei, obwohl es gut begründete Hinweise gibt, dass bei bestimmten Erkrankungen gerade THC-reiche Cannabis-basierte Medikamente besonders gut wirksam sind. Zudem ist der Wunsch nach einer „bestimmten Cannabis-Sorte“ aufgrund der patienten-individuellen Wirksamkeit und Verträglichkeit legitim.

Unstrittig kommt Ärzt*innen und Apotheker*innen bei der Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln eine besondere Sorgfaltspflicht zu – inklusive der Beachtung der Möglichkeit einer „missbräuchlichen Anwendung“ bzw. des Risikos einer Abhängigkeit. Dies betrifft allerdings nicht nur Cannabis-basierte Medikamente, sondern – und in viel stärkerem Maße – auch zahlreiche andere Arzneimittel.

ACM, VCA und SCM nehmen die Stellungnahme der AMK nicht nur mit großem Unverständnis zur Kenntnis, sondern auch mit großer Sorge, da der Anschein erweckt wird, Patient*innen, die mit Cannabis behandelt werden, stellten per se eine „Problemgruppe“ dar und viele Ärzt*innen, die Cannabis verordnen, führten eine „zweifelhafte“ und an Sorgfalt mangelnde Behandlung durch, die seitens der Apotheker*innen keinerlei Kontrolle erfahre.

Wir möchten die AMK auffordern, sich beim Bundesgesundheitsministerium oder der Bundesopiumstelle über die Inhalte und Ziele des „Cannabis als Medizin Gesetzes“ zu informieren.

Gerne stehen aber auch ACM, VCA und SCM für einen Austausch zur Verfügung – nicht zuletzt da sich der Eindruck aufdrängt, dass die AMK zu einem Thema Stellung bezogen hat, ohne zuvor bei den Ärzt*innen und Apotheker*innen Auskünfte einzuholen, die täglich mit dem Thema „Cannabis als Medizin“ praktisch und patientennah befasst sind.

Quelle: „Potentieller Missbrauch – AMK: Apotheken haben bei Cannabis eine besondere Verantwortung“. Online-Portal der Deutschen Apotheker Zeitung, 14. Januar 2020. Verfügbar unter:
amk-apotheken-haben-bei-cannabis-eine-besondere-verantwortung

Ansprechpartner*innen:

Professorin Dr. Kirsten Müller-Vahl, Vorstandsvorsitzende der ACM
Dr. med. Franjo Grotenhermen, Geschäftsführer der ACM
ACM-Geschäftsstelle
Bahnhofsallee 9
32839 Steinheim
Telefon: 05233-9510294
E-Mail: Info@Cannabis-med.org

Apothekerin Astrid Staffeldt, Mitglied des Vorstandes des VCA
VCA
Albrechtstrasse 13
10117 Berlin
Telefon:030-84712268-90
E-Mail berlin@vca-deutschland.de

Gabriele Gebhardt
Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin
c/o ACM-Geschäftsstelle
Bahnhofsallee 9
32839 Steinheim
Telefon: 05233-9510294
E-Mail: Info@Cannabis-med.org

Verantwortlich i.S.d.P: Professorin Dr. Kirsten Müller-Vahl, Geschäftsstelle der ACM, Bahnhofsallee 9, 32839 Steinheim

ACM-Mitteilungen vom 25. Januar 2020

Verbesserungen des Cannabis-Gesetzes

Verbesserungen des Cannabis-Gesetzes

Der Deutsche Bundestag hat am 6. Juni 2019 ein Gesetz verabschiedet, das einige Verbesserungen des Cannabis-Gesetzes aus dem Jahr 2017 einhergeht.

Zwei Gesetzentwürfe der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/die GRÜNEN, die weitere Verbesserungen vorsehen, wurden von der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestags abgelehnt.

Im Einzelnen sieht das von den Fraktionen CDU/CSU und SPD unterstützte neue Gesetz einige wichtige Änderungen vor:

1. Ein Wechsel zwischen Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder zwischen Cannabisextrakten in standardisierter Qualität sowie eine Änderung der Dosierung soll keiner erneuten Genehmigung durch die Krankenkasse bedürfen.

2. Hat ein Patient ein cannabisbasiertes Medikament während eines stationären Aufenthaltes erhalten, so soll die Krankenkasse innerhalb von 3 Tagen über ein Kostenübernahmeantrag durch den weiterbehandelnden niedergelassenen Arzt entscheiden, sodass möglichst keine oder nur eine kurze Unterbrechung der Therapie stattfindet. Ob es wirklich nur zu kurzen Unterbrechungen kommt, wird von verschiedener Seite infrage gestellt. Im Referentenentwurf des Bundesministeriums der Gesundheit vom 14.11.2018 war noch vorgeschlagen worden, dass im Falle einer Behandlung mit einem Cannabisarzneimittel im Rahmen eines stationären Aufenthaltes von dem weiterbehandelnden Arzt kein Kostenübernahmeantrag mehr gestellt werden müsse.

Zudem möchte die Bundesregierung eine Reduzierung der Preise für Cannabisblüten erreichen. Gegenwärtig kostet ein Gramm Medizinalcannabisblüten der gleichen Sorte Bedrocan in niederländischen Apotheken zwischen 5 und 7 € und in Deutschland nach § 4 Arzneimittelpreisverordnung je nach Einkaufspreis zwischen etwa 20 und 25 €, also ein Vielfaches.

aus ACM-Mitteilungen vom 16. Juni 2019

Kein Med-Hanf in Deutschland

Kein Med-Hanf in Deutschland

Ab 2019 will die Regierung den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland erlauben. In Indoor-Plantagen soll künftig regionaler Hanf „made in Germany“ geerntet werden. Zahlreiche Pioniere stehen in den Startlöchern. Investoren und Firmen wie die eigens gegründete Canyon GmbH wittern bereits das Geschäft der Zukunft.

Daraus wird zunächst nichts: Um in Deutschland zukünftig Cannabis anbauen zu dürfen, mussten sich interessierte Unternehmen 2017 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bewerben und an einer Ausschreibung teilnehmen. Einige der mehr als 100 Bewerber wurden daraufhin zur Angebotsabgabe aufgefordert.

Gegen das Bewerbungsverfahren der BfArM-Cannabisagentur haben allerdings vier Bietergemeinschaften geklagt. Grund: Die Agentur hatte relativ spät im laufenden Bewerbungsverfahren dreijährige Erfahrungen mit dem Anbau, der Verarbeitung und der Lieferung von Arzneipflanzen verlangt.

Das Oberlandesgericht (OLG) gab den Klägern nun Recht, weil es den Gleichbehandlungsgrundsatz im Ausschreibungsverfahren verletzt sah. Das macht die Ausschreibung hinfällig.
Zu einem deutschen Cannabis-Anbau wird es daher 2019 wohl nicht kommen. Medizinalhanf wächst also bis auf Weiteres vor allem in den Niederlanden und Kanada.

topagrar online, 1.5.2018

Bei welchen Krankheiten kann medizinisches Cannabis angewendet werden?​

Bei welchen Krankheiten kann medizinisches Cannabis angewendet werden?​

Da Cannabis ein breites und vielfältiges therapeutisches Spektrum hat, ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass medizinisches Cannabis durch die im Gesetz offen gehaltene Formulierung relativ frei verschrieben werden kann. Die Entscheidung, ob Cannabis als Medizin eingesetzt werden soll, liegt allein im Ermessen des Arztes in Absprache mit dem Patienten. Das wird natürlich nur der Fall sein, wenn der Arzt Hinweise auf eine Wirkung von Cannabis bei der entsprechenden Krankheit findet.

Es gibt also keinen expliziten Ausschlusskatalog von Krankheiten, für die medizinisches Cannabis angewendet werden kann.

Anhaltspunkt dafür kann die Liste von Krankheiten sein, für die das BfArM bis zur Gesetzesänderung Ausnahmegenehmigungen erteilt hat:

Häufig:

• chronische Schmerzen 
• Multiple Sklerose 
• Tourette-Syndrom 
• depressive Störungen 
• ADHS

Außerdem:

• Allergische Diathese 
• Angststörung 
• Appetitlosigkeit und Abmagerung 
• Armplexusparese 
• Arthrose 
• Asthma 
• Autismus 
• Barrett-Ösophagus 
• Blasenkrämpfe 
• Blepharospasmus 
• Borderline-Störung 
• Borreliose 
• Chronische Polyarthritis 
• Chronisches Müdigkeitssyndrom 
• Schmerzsyndrom nach Polytrauma 
• Chronisches Wirbelsäulensyndrom 
• Cluster-Kopfschmerzen 
• Colitis ulcerosa 
• Epilepsie 
• Failed-back-surgery-Syndrom 
• Fibromyalgie 
• Hereditäre motorisch-sensible Neuropathie mit Schmerzzuständen und Spasmen 
• HIV-Infektion 
• HWS- und LWS-Syndrom 
• Hyperhidrosis 
• Kopfschmerzen 
• Lumbalgie 
• Lupus erythematodes 
• Migraine accompagnée 
• Migräne 
• Mitochondropathie 
• Morbus Bechterew 
• Morbus Crohn 
• Morbus Scheuermann 
• Morbus Still 
• Morbus Sudeck 
• Neurodermitis 
• Paroxysmale nonkinesiogene Dyskinese (PNKD) 
• Polyneuropathie 
• Posner-Schlossmann-Syndrom 
• Posttraumatische Belastungsstörung 
• Psoriasis (Schuppenflechte) 
• Reizdarm 
• Rheuma (rheumatoide Arthritis) 
• Sarkoidose 
• Schlafstörungen 
• Schmerzhafte Spastik bei Syringomyelie 
• Systemische Sklerodermie 
• Tetraspastik nach infantiler Cerebralparese 
• Thalamussyndrom 
• Thrombangitis obliterans 
• Tics 
• Tinnitus 
• Trichotillomanie 
• Urtikaria unklarer Genese 
• Zervikobrachialgie 
• Folgen von Schädel-Hirn-Trauma 
• Zwangsstörung

Allerdings gilt: Cannabis ist kein Wundermittel und hilft nicht allen Patienten! Insbesondere Patienten mit einem hohen Risiko für Psychosen oder Vorerkrankungen am Herzen müssen beim Konsum von Cannabis Vorsicht walten lassen. Generell ist eine ärztlich begleitete, gezielt durchgeführte Anwendung von Cannabis immer einer selbst organisierten Anwendung vorzuziehen. Auf Grund der jahrzehntelang blockierten Forschung und des fehlenden staatlichen Interesses an einer verstärkten Anwendung erfahren viele Patienten aber oft erst durch eigene Experimente, dass Cannabis ihnen hilft.

Deutscher Hanfverband

Cannabis als Medizin: Regierung muss Kassen mehr in die Pflicht nehmen

Cannabis als Medizin: Regierung muss Kassen mehr in die Pflicht nehmen

Seit rund einem Jahr sind die Krankenkassen verpflichtet, für eine Behandlung mit Cannabis zu zahlen. Die Nachfrage nach sogenanntem Medizinalhanf hat die ursprünglichen Erwartungen seither um ein Vielfaches übertroffen. Doch in vielen Fällen lehnen die Kassen die Anträge von Patienten ab – oft aus undurchsichtigen Gründen, erklärt Niema Movassat von Die Linke.

Schwerkranke Menschen können sich seit März 2017 die Kosten für eine Cannabisbehandlung, die ihnen ihr Arzt verschrieben hat, von der Krankenkasse erstatten lassen. Die Nachfrage nach medizinischem Hanf hat in Deutschland seitdem drastisch zugenommen. So haben die Apotheken 2017 etwa 44.000 Einheiten Cannabis auf Kosten der Krankenkassen ausgegeben. Doch viele Patienten müssen um die Erstattung kämpfen. Insgesamt lehnen die Kassen etwa ein Drittel der Anträge ab, sagt Niema Movassat, verfassungs- und drogenpolitischer Sprecher der Linken.

Zum Interview finanzen.de, 27.3.2018

Cannabis – was Ärzte bei der Verordnung wissen müssen​

Cannabis - was Ärzte bei der Verordnung wissen müssen

Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben seit März 2017 unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Cannabis. Jeder Haus- und Facharzt darf seitdem getrocknete Cannabisblüten und -extrakte sowie Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon verordnen. Die Krankenkassen übernehmen im Regelfall die Kosten für die Therapie.

Der Anspruch auf Versorgung mit Cannabis gilt nur, wenn

1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des Arztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Patienten nicht angewendet werden kann,

2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Gesetzliche Grundlage hierfür ist § 31 Absatz 6 SGB V. Konkrete Indikationen, die als „schwerwiegend“ gelten, benennt der Gesetzgeber nicht.

Krankenkasse muss Verordnung genehmigen
Vor der erstmaligen Verordnung eines Cannabispräparats muss der Patient die Genehmigung seiner Krankenkasse einholen. Ob dies auch gilt, wenn bei gleicher Indikation auf eine andere Cannabistherapie umgestellt werden soll, ist noch nicht abschließend geklärt. Die KBV empfiehlt diese Vorgehensweise dennoch, da durch die Genehmigung des konkreten Cannabisprodukts durch die Krankenkasse eine größere Verordnungssicherheit für den Arzt resultiert.

Wird Cannabis im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung verordnet, muss die Krankenkasse über den Antrag innerhalb von drei Tagen entscheiden. In allen anderen Fällen gilt die gewöhnliche Frist von drei Wochen (bei Erfordernis einer gutachterlichen Stellungnahme fünf Wochen). Die Krankenkasse darf den Antrag nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen.

Datenerhebung zur Wirksamkeit von Cannabis
Ärzte, die Cannabis verordnen, müssen in der Regel ein Jahr nach dem Behandlungsbeginn (oder bei Abbruch der Behandlung) bestimmte Daten in anonymisierter Form an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) übermitteln. Die Patienten sind zu Beginn der Cannabistherapie in einem persönlichen Gespräch auf die gesetzlich vorgeschriebene Datenübermittlung hinzuweisen.

Diese medizinischen Daten werden ausgewertet:

– Alter und Geschlecht des Versicherten
– Diagnose gemäß dem Diagnoseschlüssel ICD-10
– Dauer der Erkrankung oder Symptomatik
– Angaben zu Vortherapien und ggf. Beendigungsgründe (z. B. mangelnder Therapieerfolg, unverhältnismäßige Nebenwirkungen, Kontraindikationen)
– Angaben, ob eine Erlaubnis zur ärztlich begleiteten Selbsttherapie mit Cannabis vorlag und ob von dieser Gebrauch gemacht wurde
– genaue Bezeichnung der verordneten Cannabistherapie einschließlich Dosierung und Art der Anwendung
– Dauer der Cannabistherapie
– Angabe parallel verordneter Arzneimittel nach Wirkstoffen
– Auswirkung der Cannabistherapie auf Krankheits- oder Symptomverlauf
– Angabe zu aufgetretenen Nebenwirkungen unter Cannabis
– ggf. Gründe für Beendigung der Cannabistherapie
– Angaben zur Entwicklung der Lebensqualität des Versicherten  
– Fachrichtung des verordnenden Vertragsarztes 
– Gesetzliche Grundlage: § 1 Cannabis-Begleiterhebungs-Verordnung

Für die Cannabisbegleiterhebung hat das BfArM ein Internetportal eingerichtet. Nach der Anmeldung im Portal wird der Arzt zum Erhebungsbogen weitergeleitet. Für die Anmeldung werden benötigt: ärztliche Betäubungsmittelnummer, Postleitzahl, Nachname und Geburtsjahr des Arztes.

Der Erhebungsbogen muss auch bei einer Umstellung von einer Cannabistherapie auf eine andere (beispielsweise von Cannabisblüten auf den Extrakt) ausgefüllt werden.

Die Erhebung dauert insgesamt fünf Jahre und ist Entscheidungsgrundlage dafür, ob getrocknete Cannabisblüten und -extrakte sowie Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon zukünftig als Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt werden sollen.

Weitere Informationen zu:

Verordnung von Cannabis auf Betäubungsmittelrezept / Cannabissorten / Derzeit importierbare Cannabissorten und Importeure / In Deutschland zugelassene Cannabisarzneimittel / Sind auch nicht zugelassene Cannabisarzneimittel verordnungsfähig? / Substanzen und Vorschriften für Cannabisrezepturen / Anwendungsmöglichkeiten für Cannabisblüten

Kassenärztliche Bundesvereinigung

Cannabis-Importe nach Deutschland legen deutlich zu

Cannabis-Importe nach Deutschland legen deutlich zu

Der Bedarf an medizinischem Cannabis in Deutschland wächst. Die zugelassenen Händler wollen darum mehrere Tonnen Marihuana importieren.

Seitdem vor rund einem Jahr Cannabis zum medizinischen Einsatz gesetzlich erlaubt wurde, sind die beantragten Importmengen deutlich gestiegen. Allein von September 2017 bis März 2018 wurden in Deutschland Importanträge für eine Menge von mehr als 13.000 Kilogramm Cannabis genehmigt. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, die dem Handelsblatt exklusiv vorab vorliegt.

Handelsblatt 22.03.2018

Pharma-Riese steigt ins Cannabis Geschäft ein

Pharma-Riese steigt ins Cannabis-Geschäft ein

Erstmals kooperiert ein Pharmaunternehmen mit einem Hersteller von Cannabis-Produkten. Novartis und das kanadische Unternehmen Tilray wollen gemeinsam neue Hanfsorten entwickeln. Medizinisches Cannabis ist in Kanada bereits seit Jahren zugelassen. In Deutschland ist das Medizinalhanf seit März vergangenen Jahres legal; Tausende Patienten wurden inzwischen damit behandelt.

WirtschaftsWoche, 18.3.2018 

Cannabis – für Schwerkranke auf Rezept​

Cannabis – für Schwerkranke auf Rezept

Seit März 2017 können Cannabinoid-haltige Arzneimittel für Schwerkranke auf Rezept verordnet werden

Die rechtliche Grundlage dafür findet sich im Absatz 6 des § 31 SGB V. Demnach haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Cannabis. Dies ist möglich in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität.

Die Leistung muss bei der ersten Verordnung für einen Versicherten vor der beginnenden Leistung durch die Krankenkasse genehmigt werden. Jeder kassenzugelassene Arzt – mit Ausnahme von Zahnärzten – kann Patienten künftig Cannabinoid-haltige Arzneimittel zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnen. Nach der Genehmigung muss die Verordnung entsprechender Cannabinoid haltiger Arzneimittel auf Betäubungsmittel-Rezept erfolgen. Damit die Anträge auch vollständig sind, sollten darin folgende Fragen beantwortet werden:

1.    Um welche Erkrankung handelt es sich und ist die Erkrankung schwerwiegend? Nach § 12 Arzneimittel-Richtlinie ist eine Krankheit schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

2.    Welches Cannabinoid-haltige Arzneimittel soll verordnet werden (ggf. Handelsname, Wirkstoffname, Darreichungsform, Menge)?

3.    Welche alternativen Arzneimittel wurden bereits angewendet? Sind Alternativen noch vorhanden und wenn ja, weshalb können diese nicht zur Anwendung kommen?

4.    Besteht eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome?

Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist ein wesentlicher Maßstab für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Demnach ist eine vertragsärztliche Leistung – hierzu gehört auch die Arzneimittelbehandlung – dann wirtschaftlich, wenn sie ausreichend und zweckmäßig ist und außerdem das Maß des Notwendigen nicht überschreitet. Das bedeutet, dass Ärzte bei mehreren Therapien, die gleich geeignet sind, die günstigere Therapie wählen müssen. Unter den Cannabinoid-haltigen Arzneimitteln gibt es wirtschaftlichere Alternativen. Dies sollte bei der Verordnung berücksichtigt werden. 

Quelle DAK 2017