Die Wirkung der Cannabinoide und anderer Cannabis-Inhaltsstoffe

Die Wirkung der Cannabinoide und anderer Cannabis-Inhaltsstoffe

von Dr. med. Franjo Grotenhermen und Markus Göttsche
Letztes Update: 15. Mai 2019

[…] Die Wirkung und Verträglichkeit von Cannabis hängt vor allem von den Cannabinoiden ab. Eine weitere nicht unwichtige Rolle spielen hier auch die enthaltenen ätherischen Öle und Terpene. Bei den Cannabinoiden dominieren die Wirkungen von THC und CBD. Andere Cannabinoide beeinflussen jedoch den Gesamteffekt.

4.1 Die chemische Zusammensetzung von Cannabis

In unterschiedlichen Cannabissorten wurden in den vergangenen 50 Jahren etwa 600 chemische Verbindungen nachgewiesen, darunter neben den Cannabinoiden Substanzen anderer Stoffgruppen, wie Aminosäuren, Proteine, Zucker, Alkohole, Fettsäuren, Terpene und Flavonoide. Die meisten Cannabis-Bestandteile außer den Cannabinoiden kommen auch in anderen Organismen vor.

Es gibt aber auch Bestandteile anderer Pflanzen, die Cannabinoidrezeptoren aktivieren, wie beispielsweise der häufig vorkommende CB2-Rezeptor-Agonist (−)-β-Caryophyllen. Heute sind insbesondere durch eine Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern an der Universität von Mississippi insgesamt 120 Cannabinoide nachgewiesen worden.

Wenn von THC die Rede ist, ist im Allgemeinen das in der Pflanze natürlich vorkommende (–)-trans-Isomer des Δ9-THC gemeint. Es wird auch Dronabinol genannt. THC ist unter anderem für die cannabis-typischen berauschenden Wirkungen von Cannabis verantwortlich, für das Hochgefühl („High“). Cannabidiol (CBD) ist das häufigste Cannabinoid im Faserhanf und in Drogenhanf-Sorten oft das zweithäufigste Cannabinoid nach THC. CBD verursacht keine cannabis-typischen psychoaktiven Wirkungen. Es besitzt unter anderem antiepileptische, angstlösende, antipsychotische und entzündungshemmende Eigenschaften.

4.2 Die Wirkungen von THC (Dronabinol)

Die Wirkungen sind zum Teil abhängig von der Dosis, der Person und von der Verfassung der Person. THC wirkt nicht auf jeden Menschen und nicht in jeder Situation gleich. So kann es in manchen Fällen Angst auslösen, aber auch Angst lindern. Es hilft oft sehr gut gegen Übelkeit und Erbrechen, aber einigen wenigen Menschen wird auch übel, wenn sie Cannabis einnehmen.

  • Psyche und Wahrnehmung: Sedierung, leichte Euphorie, gesteigertes Wohlbefinden,Angst Zunahme, Angsthemmung, Intensivierung der sinnlichen Wahrnehmung, Veränderung des Zeitgefühls (die Zeit scheint langsamer zu vergehen), Halluzinationen (nach hohen Dosen).
  • Denken: Störung des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit, assoziatives Denken,gesteigerte Kreativität. Bei Personen mit einer Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität (ADHS) kann THC die Konzentrationsfähigkeit verbessern.
  • Bewegung: Verwaschene Sprache, Verschlechterung der Bewegungskoordination,Verbesserung der Bewegungskoordination.
  • Nervensystem: Schmerzlinderung, Muskelentspannung, Appetitsteigerung, Übelkeit,Verminderung von Übelkeit und Erbrechen.
  • Körpertemperatur: Senkung der Körpertemperatur, Fiebersenkung.
  • Herzkreislaufsystem: Zunahme der Herzfrequenz, Erweiterung der Blutgefäße,Blutdruckabfall und eventuell Schwindelgefühl bei plötzlichem Aufstehen, leichtzunehmender Blutdruck im Liegen, Hemmung des Zusammenklebens der Blutplättchen.
  • Auge: Rötung der Augenbindehaut, Abnahme des Tränenflusses, Senkung desAugeninnendrucks.
  • Atemwege: Bronchien-Erweiterung, verminderte Speichelproduktion und Mundtrockenheit.
  • Magendarmtrakt: Verminderung der Darmbewegungen und verzögerte Entleerung des Magens, Hemmung der Magensäureproduktion.
  • Hormonsystem: Eventuell bei hohen Dosen Beeinflussung verschiedener Hormone.
  • Immunsystem: Entzündungshemmung, antiallergische Wirkung, Hemmung derImmunantwort.
  • Entwicklung von Embryo und Fetus: Eventuell Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit.
  • Genetisches Material und Krebs: Krebshemmende Wirkung, Förderung des programmierten Zelltods von Krebszellen (Apoptose), Hemmung der Blutgefäßneubildung in bösartigen Tumoren.

Einsatzmöglichkeiten für THC-reiches Cannabis und THC ergeben sich für folgende Krankheiten und Krankheitssymptome:

  • Übelkeit und Erbrechen: Krebs/Chemotherapie, HIV/AIDS, Hepatitis C, Schwangerschaftserbrechen, Übelkeit im Rahmen der Migräne.
  • Appetitlosigkeit und Abmagerung: HIV/Aids, fortgeschrittene Krebserkrankung, Hepatitis C.
  • Spastik, Muskelkrämpfe (Spasmen), Muskelverhärtung: Multiple Sklerose,Querschnittslähmung, Spastik nach Schlaganfall, Spannungskopfschmerz,Bandscheibenprobleme und Verspannungen der Rückenmuskulatur, Bewegungsstörungen mit einem Übermaß an Bewegungen (hyperkinetischeBewegungsstörungen): Tourette-Syndrom, Dystonie (zum Beispiel spastischer Schiefhals oder Lidkrampf), durch eine Behandlung mit Levodopa ausgelöste Dyskinesien bei der Parkinson-Krankheit, tardive Dyskinesien (eine mögliche Nebenwirkung von Neuroleptika, die bei Schizophrenie verwendet werden), essenzieller Tremor (Zittern).
  • Schmerzen: Migräne, Cluster-Kopfschmerz, Phantomschmerzen, Neuralgien (Nervenschmerzen, zum Beispiel Ischialgie/Ischiasschmerzen), Menstruationsbeschwerden, Parästhesien (Kribbeln, Brennen, Ameisenlaufen) bei Zuckerkrankheit oder Aids, Hyperalgesie (verstärkte Schmerzempfindlichkeit), Schmerzen bei verspannter Muskulatur, Muskelkrämpfen, Arthrose, Arthritis, Colitis ulcerosa (eine chronische Darmentzündung), Restless-Legs-Syndrom (Syndrom der unruhigen Beine), Fibromyalgie (Weichteilrheumatismus).
  • Allergien: Asthma, Hausstauballergie, Heuschnupfen.
  • Juckreiz: starker Juckreiz bei Lebererkrankungen, Neurodermitis.
  • Entzündungen: Asthma, Arthritis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn (eine chronischeDarmentzündung), Neurodermitis, Morbus Bechterew, Psoriasis (Schuppenflechte).
  • Psychische Erkrankungen: Depressionen, Angststörungen, bipolare Störungen (manisch-depressive Störung), posttraumatische Stressstörung, Hyperaktivität, ADS (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom) bzw. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom), Impotenz, Alkoholismus, Opiatabhängigkeit, Schlafmittelabhängigkeit, Schlaflosigkeit, Autismus, verwirrtes Verhalten bei der Alzheimer-Krankheit.
  • Überproduktion von Magensäure: Magenschleimhautentzündung.
  • Erhöhter Augeninnendruck: Glaukom (Grüner Star).
  • Hören: Tinnitus (Ohrgeräusche).
  • Weitung der Bronchien: Asthma, Luftnot bei anderen Erkrankungen der Atemwege.
  • Epilepsie
  • Singultus (Schluckauf)
  • Förderung der Wehentätigkeit bei der Geburt
  • Überproduktion von Schweiß: Hyperhidrosis
  • Krebshemmung: Krebserkrankungen
  • Hauterkrankungen: Neurodermitis, Psoriasis (Schuppenflechte), Akne inversa
  • Reizdarm

4.3 Die Wirkungen von Cannabidiol (CBD)

Cannabidiol ist das häufigste Cannabinoid im Faserhanf und in Drogenhanf-Sorten oft das zweithäufigste Cannabinoid nach THC. Es ist auch in einigen in Apotheken erhältlichen Cannabissorten mit hohen Konzentrationen vertreten. CBD verursacht keine Cannabis- typischen psychischen Wirkungen.

Für Cannabidiol kommen unter anderem folgende medizinische Einsatzgebiete in Frage:

  • Epilepsie: insbesondere bestimmte Formen der Epilepsie, wie Dravet-Syndrom und Lennox-Gastaut-Syndrom
  • Angststörungen
  • Depressionen
  • Schizophrene Psychosen
  • Entzündungen und entzündlich bedingte Schmerzen
  • Bewegungsstörungen: Dystonie, Dyskinesie
  • Abhängigkeit von THC, Nikotin und Opiaten
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Hemmung des Appetits

Daneben gibt es Hinweise auf weitere mögliche Einsatzgebiete, wie z. B. auch bei Kindern und Erwachsenen mit Autismus. Bislang sind diese kaum erforscht und es liegen nur Ergebnisse aus der Grundlagenforschung oder Berichte einzelner Patienten vor, wie beispielsweise hinsichtlich der krebshemmenden Eigenschaften des CBD. […]

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin

Welcher Hanf macht high und wo sind die Unterschiede?​

Welcher Hanf macht high und wo sind die Unterschiede?

Tetrahydrocannabinol macht high aber ist nicht allein für die Wirkung verantwortlich. Ganz kurz und knapp: THC oder das Tetrahydrocannabinol macht high. 

Ob beim Essen, Rauchen, als Darmzäpfen oder in Fertigarzneimitteln durch die Venen. Aber es ist nicht alleinig für die Qualität vom Rauch zuständig. Dieses und andere Cannabinoide werden erst mit der Blüte und zwar zum Großteil in diesen Blüten produziert. Faserhanf blüht auch, warum macht er nicht high? Weil er so gezüchtet wurde! Einst gab es auch in Europa Faserhanf mit milder Rauschwirkung. Derzeit wird er einfach nicht mehr angebaut. Wer eine Rauschwirkung wünscht, kann besser potenten Hanf anbauen. Welcher Hanf macht high? Potenter Hanf! Einst galt, dass es der indische Hanf ist, der high macht. Das liegt jedoch daran, dass aus den Regionen mit potenten Hanf die Importe dennoch nur aus Indien kamen.

Dann wurde es verboten und mit dem Pflanzen-Kunstlicht begann man das gezielte Züchten potenter Hanfsorten. Dabei gingen einige Ur-Sorten bereits verloren und Kritiker verwenden den Begriff der „Überzüchtung“ und vom „Kommerzgras“.

Welcher Hanf macht high, higher am highesten?

Das THC ist entscheidend, damit ein High einsetzt. Viele andere Cannabinoide und Terpene lenken dieses High. Dronabinol enthält als Fertigarznei nur THC als Wirkstoff. Wer dieses in hoher Konzentration einnimmt, wird es vermutlich als unangenehm empfinden. In hohen Konzentrationen sollte neben dem THC auch immer etwas CBD enthalten sein, weil dieses das High puffert und somit angenehmer macht. Viele Kommerzgräser haben kaum noch CBD und werden von vielen Kiffern als sehr unangenehm empfunden. Genau wie das CBD, Cannabinol, haben auch andere Cannabinoide und Terpene sehr wichtige Eigenschaften für das High oder auch die medizinische Wirkung. In jeder Pflanze sind diese „Zutaten“ vorhanden aber in ganz anderer Zusammensetzung. Das bedeutet, dass man sich wirklich „durchtesten“ sollte.

Es gibt jedoch ganz simple Schwerpunkte, die sich als Indica, Sativa und Haze erklären lassen. Welcher Hanf macht high und drückt ins Sofa? Indica. Welcher Hanf macht high und belebt? Sativa. Welcher Hanf macht high und wirkt ähnlich wie LSD? Haze. Das Haze ist jedoch eine Sativaeigenschaft, die sehr lange Blütezeiten und geringe Erträge mit bringt. Das bedeutet, dass ein Kommerzgrower kaum ein ursprüngliches Haze anbaut sondern höchstens Kreuzungen, in denen Sativa mit Haze Charakter einfließt. Diese sollen jedoch kein Vergleich zu einem richtigen Haze sein, welches für die Blüte ca. ein halbes Jahr bräuchte.

Es gibt bereits Seedbanks, die zu ihren Strains erklären, für welche Erkrankungen diese eingesetzt werden können. Dass die Seedbanks Aussagen zur Wirkung machen, ist seit Jahrzehnten der Fall. Man kann sich jedoch immer ganz grob an Indica, Sativa und Haze orientieren. Viele Züchtungen wollen aus allem die positiven Eigenschaften reinbringen und haben dann z.B. 40% Indica, 60% Sativa mit Haze Anteil.

Die Kifferpranoia kann man praktisch auf empfindliche Personen kombiniert mit hohen THC Konzentrationen zurückführen. Wer diese Kifferparanoia erlebt, sollte ein Marihuana wählen, welches ein paar Prozent CBD enthält. Zudem könnte das Haze oder auch Sativa schlimmer empfunden werden, als das Indica, bei dem man besser „abstumpfen und entspannen“ kann. Dann wird man den Hanf dank CBD möglicherweise neu entdecken. Dennoch hilft nur ein Testen da jeder auf andere Strains abfährt. Welcher Hanf macht high und ist angenehm? Ausprobieren!

Zitiert aus Hanf-Magazin 10. Januar 2016

Je stärker das Cannabis in einer Stadt, desto häufiger sind Psychosen

Je stärker das Cannabis in einer Stadt, desto häufiger sind Psychosen

Spiegel online, 20.3.2019

Cannabis enthält heute deutlich mehr THC als früher. Das könnte sich auf die psychische Gesundheit der Konsumenten auswirken, vermuten Forscher. In Städten wie Amsterdam stellen sie besonders viele Psychosen fest.

Kanada, mehrere US-Bundesstaaten, Südafrika und Uruguay: Immer mehr Länder verabschieden sich von der Cannabis-Prohibition. Kritiker warnen, durch die Legalisierung stiegen die Gesundheitsrisiken. In diese Richtung weist auch eine aktuelle Studie: Je stärker das in einer Stadt kursierende Cannabis ist, desto häufiger werden dort Psychosen diagnostiziert, berichten Forscher im Fachblatt „Lancet Psychiatry“.

Für die Studie hatten die Forscher Daten aus elf europäischen Ländern ausgewertet. Am deutlichsten zeige sich der Effekt in London und Amsterdam, wo Cannabis mit hohem Gehalt an psychoaktivem Tetrahydrocannabinol (THC) weit verbreitet ist.

Setze man voraus, dass Cannabis-Konsum tatsächlich für Psychosen verantwortlich ist, lassen sich in Amsterdam geschätzt die Hälfte aller neu diagnostizierten Psychosen auf den täglichen Konsum von starkem Cannabis zurückführen, in London etwa ein Drittel. Als stark bezeichneten die Forscher Cannabis mit einem Gehalt von mehr als zehn Prozent THC.

Den eindeutigen Nachweis, dass Cannabis Psychosen begünstigt, kann die Studie allerdings nicht liefern. Die Forscher haben lediglich einen statistischen Zusammenhang beobachtet, aber keine Ursache-Wirkung-Beziehung, sagt Suzanne Gage von der University of Liverpool, die nicht an der Studie beteiligt war. Zwar gibt es eine Korrelation zwischen dem Cannabis-Konsum in einer Stadt und einer höheren Zahl von Psychosen – ob diese aber tatsächlich auf die Verwendung der Droge oder aber andere, noch unbekannte Faktoren zurückzuführen ist, bleibt letztlich unklar.

„Legalisierung hat verheerende Folgen“

Dennoch gebe die Studie Anlass, die Aufklärung über das Psychoserisiko zu intensivieren, sagt Rainer Thomasius, ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg. „Die Studie ist ein weiterer Beleg dafür, dass eine Legalisierung von Cannabis in gesundheitspolitischer Hinsicht verheerende Folgen hat.“

In die Erhebung einbezogen wurden neben London und Amsterdam auch Cambridge (Großbritannien), Gouda und Voorhout (Niederlande), Paris und Puy de Dôme (Frankreich), Madrid und Barcelona (Spanien) sowie Bologna und Palermo (Italien). Deutsche Städte waren nicht dabei.

Die Ergebnisse der Untersuchung seien aber auf Deutschland übertragbar, sagt der Hamburger Experte Thomasius, der selbst nicht an der Analyse beteiligt war. Laut Drogen- und Suchtbericht 2018 liege der THC-Gehalt hierzulande im Mittel für Haschisch bei fast 15 Prozent und für Blütenstände der Hanfpflanze bei gut 13 Prozent. Laut Schätzungen haben knapp neun Prozent der 12- bis 17-Jährigen in Deutschland mindestens ein Mal im Leben Cannabis konsumiert.

Für die aktuelle Analyse schätzten die Forscher um Marta Di Forti vom King’s College London die Häufigkeit von Psychosen in den jeweiligen Städten. Die Daten stammen von den regionalen Gesundheitsbehörden. Ausgewertet wurden alle Psychosen, die zwischen 2010 und 2015 erstmals bei Patienten diagnostiziert wurden. Die Daten verglichen die Forscher mit einer repräsentativen Kontrollgruppe aus der jeweiligen Stadt. Erfasst wurden dabei unter anderem Angaben zum Konsum von Cannabis und anderen Drogen.

Fast 30 Prozent der Menschen mit diagnostizierter Psychose gaben an, täglich Cannabis konsumiert zu haben, in der Kontrollgruppe waren es knapp sieben Prozent. Von den Konsumenten mit Psychose gaben weitaus mehr (37 Prozent) Nutzer an, starkes Cannabis zu verwenden, als in der Kontrollgruppe (19 Prozent).

THC-Gehalt bis zu 67 Prozent

Im Mittel der elf europäischen Städte ergab sich ein geschätzt dreimal so hohes Risiko für eine Psychose bei Menschen mit täglichem Cannabis-Konsum, bei Verwendung von Produkten mit hohem THC-Gehalt sogar ein bis zu fünf Mal höheres verglichen mit Menschen, die nie Cannabis konsumierten. Einer von fünf Psychosefällen sei im Mittel auf täglichen Cannabis-Konsum zurückzuführen, schätzen die Forscher.

Anders als früher enthalten heutige Züchtungen oft deutlich höhere Mengen des berauschenden Wirkstoffs THC. Eine Ende Dezember veröffentlichte Studie zu Daten aus der EU, Norwegen und der Türkei kam zu dem Schluss, dass sich der durchschnittliche THC-Gehalt bei Marihuana und Haschisch von 2006 bis 2016 ungefähr verdoppelt hat. Konsumenten rauchen aber häufig eine ähnliche Menge Cannabis wie zuvor – und nehmen somit weitaus mehr THC auf als ein Nutzer einst.

Der THC-Gehalt liegt laut der Studie in niederländischen Sorten wie Nederwiet bei bis zu 22 Prozent, bei Nederhasj sogar bei bis zu 67 Prozent. In London dominiert demnach Cannabis mit einem mittleren THC-Gehalt von 14 Prozent. In Ländern wie Italien, Frankreich und Spanien hingegen würden vor allem Cannabis-Sorten mit einem THC-Gehalt von weniger als 10 Prozent konsumiert.

Gäbe es kein Cannabis mit hohem THC-Gehalt mehr, würden der Hochrechnung zufolge die Psychoseraten in Amsterdam von fast 38 auf knapp 19 Fälle je 100.000 Einwohner jährlich fallen, in London von fast 46 auf knapp 32 Fälle.

Angst und Depressionen?

Die aktuelle Studie hat jedoch auch Schwächen. Die Information, ob und wie viel Cannabis die Probanden konsumierten, ist nur durch deren eigene Angaben bekannt. Urin-, Blut- oder Haaranalysen gab es nicht. Zudem berücksichtigten die Forscher nur den THC-Gehalt, nicht den Gehalt an Cannabidiol (CBD). CBD gilt als kaum psychoaktiv.

Dass einige Menschen infolge von täglichem Cannabis-Konsum mit hohem THC-Gehalt ein höheres Risiko für Psychosen entwickeln, hätten Analysen allerdings schon mehrfach gezeigt, führt Gage weiter aus. Vor dem Hintergrund, dass der Konsum derzeit zunehmend legalisiert oder zumindest toleriert werde und die Zahl von Konsumenten daher wahrscheinlich steige, sei es wichtig zu klären, welche Menschen ein höheres Risiko haben.

Experten warnen schon seit Längerem davor, die Risiken des Cannabis-Konsums zu unterschätzen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2015 haben Menschen, die regelmäßig THC-reiches Cannabis konsumieren, ein erhöhtes Risiko für Psychosen. Bei THC-armem Cannabis konnte der Effekt nicht beobachtet werden, selbst bei täglichem Konsum.

Zudem sind Psychosen nicht die einzigen möglichen Folgen des Cannabiskonsums. „Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die Inzidenz von Psychosen“, sagt Ursula Havemann-Reinecke von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen. Interessant wären auch Daten zu anderen psychischen Problemen wie Angst und depressiven Störungen. Die Analyse zeige wie viele andere Studien jedenfalls deutlich, dass Cannabis keine harmlose Substanz ist. „Cannabis sollte nicht so einfach legalisiert und von der Wirtschaft reguliert werden.“

Zusammengefasst: Laut einer aktuellen Studie gibt es in Städten, in denen Cannabis mit hohem THC-Gehalt kursiert, mehr Psychosen. Ob diese tatsächlich auf die Verwendung der Droge oder auf andere Faktoren zurückzuführen ist, bleibt aber unklar. Auch vorherige Beobachtungsstudien hatten gezeigt, dass es einen statistischen Zusammenhang zwischen THC-reichem Cannabis und Psychosen gibt.

Spiegel online, 20.3.2019

NDR: So kann Cannabis als Medizin helfen

So kann Cannabis als Medizin helfen

Der Extrakt der Hanfpflanze, Cannabis, ist in Deutschland verboten. Dabei ist Cannabis, als getrocknete Blüten (Marihuana) oder Harz (Haschisch), nicht nur ein Rauschmittel, sondern auch ein sehr wirksames Medikament, das vor allem in der Schmerztherapie eine besondere Rolle spielt. Bis vor Kurzem waren Cannabis-Medikamente in Deutschland nur bei Spastiken und Multipler Sklerose zugelassen. Seit gut einem Jahr gibt es nun auch bei anderen schwerwiegenden Erkrankungen einen Anspruch darauf, Cannabis-Medikamente verordnet zu bekommen.

Wer erhält Cannabis auf Rezept?
Cannabis ist nicht das Mittel der ersten Wahl, denn es hilft nicht jedem: Ärzte verordnen Cannabis-Produkte – wie zum Beispiel Dronabinol-Tropfen – chronisch kranken Patienten, die gängige Schmerzmittel nicht mehr vertragen oder deren Schmerzmittel nicht mehr wirken. Am ehesten wirkt Cannabis gegen Schmerzen, die im Nervensystem entstehen. Vor allem spastische und neuropathische Schmerzen, die oft nach einer Strahlentherapie bei Krebspatienten auftreten, lassen sich damit recht effektiv lindern. Auch bei Phantomschmerzen nach Amputationen kann Cannabis hilfreich sein. Ärzte dürfen gegebenenfalls die reinen Blüten verschreiben oder Cannabis-Präparate in Form von Kapseln, Tropfen, Öl oder als Mundspray.

Wirkweise von Cannabis
Cannabis enthält mehr als 100 Wirkstoffe. Die beiden wichtigsten sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD):

  • THC hebt die Stimmung, verändert die Wahrnehmung (benebelt) und lindert Schmerzen.
  • CBD wirkt gegen Entzündungen, lindert Krämpfe, nimmt Angst und lindert Schmerzen.

Cannabis hat Vorteile, die andere Wirkstoffe nicht haben: Der Körper produziert selbst ganz ähnliche Stoffe, die sogenannten Endo-Cannabinoide, die ihre Wirkung über verschiedene Rezeptoren entfalten, die auch für eingenommene Cannabis-Wirkstoffe empfänglich sind. Der Rezeptor CB1 kommt im Zentralen Nervensystem und vielen anderen Organen vor, lindert Angst, Stress, Unruhe und Schmerzen. Der Rezeptor CB2 sitzt in den Immunzellen von Lunge und Darm und wirkt antientzündlich.

Erfahrungswerte fehlen
Es gibt noch zu wenige Erfahrungswerte und Studien zu Wirksamkeit, Langzeit- und Nebenwirkungen, weil Cannabis aufgrund der früheren Gesetzeslage nicht eingesetzt und untersucht werden durfte. Zu hoch dosiert, kann zum Beispiel Cannabis-Spray das Kurzzeitgedächtnis einschränken. Cannabis-Medikamente sind nicht geeignet für Patienten mit depressiven Störungen oder anderen psychiatrischen Erkrankungen sowie für Patienten mit Herzerkrankungen, wie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen.

ndr.de 26.02.2018